Erhöhen Parodontalerkrankungen in der Schwangerschaft das Risiko eines SGA-Babys?


Normales Wachstum ist bei Feten ein wesentlicher Indikator für Wohlergehen. Bei hypotrophen Frühgeborenen bzw. so genannten small-for-gestational-age(SGA)-Babys besteht eine deutlich erhöhte neonatale Mortalität. Eine Reihe von Befunden spricht dafür, dass eine Infektion bei Schwangeren – wie sie häufig in Form von Parodontalerkrankungen vorliegt – das fetale Wachstum negativ beeinflusst (Boggess KA, et al., 2006):

Parodontalerkrankungen entstehen durch Verdrängen der normalen Mundflora durch meist gramnegative, anaerobe Keime. Hierdurch werden persistierende lokale und systemische Entzündungs- und Immunreaktionen verursacht, die im Verdacht stehen, sich negativ auf fetales Wachstum auszuwirken. Ferner wurde berichtet, dass Parodontalerkrankungen bei Schwangeren im Zusammenhang mit Frühgeburten, Präeklampsie und Fehlgeburten im zweiten Trimester stehen.

Parodontalerkrankungen sind unabhängiger Risikofaktor für verringertes fetales Wachstum

Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden 1 017 Frauen mit einer Einzelschwangerschaft vor der 26. Schwangerschaftswoche rekrutiert, oral untersucht und bis zur Niederkunft nachverfolgt. Als SGA wurde ein Baby eingestuft, wenn das Geburtsgewicht in der untersten 10. Perzentile für das Geburtsalter im Bevölkerungsdurchschnitt lag.

Von 1 017 Frauen gebaren 67 ein SGA-Baby, und bei 143 Frauen wurden Parodontalerkrankungen diagnostiziert. Frauen mit mäßiger bis schwerer Parodontalerkrankung hatten eine 13,8 %ige Wahrscheinlichkeit, ein SGA-Kind zur Welt zu bringen. Dieses Risiko reduzierte sich bei Frauen mit nur leichter Parodontalerkrankung auf 6,5 % und betrug bei Frauen mit gesundem Zahnfleisch lediglich 3,2 %.

Frauen, die ein SGA-Kind gebaren, hatten im Kollektiv überdurchschnittlich hohe Spiegel an C-reaktivem Protein. Desgleichen bestand eine Korrelation zwischen dem Vorliegen einer mäßig- bis schwergradigen Parodontalerkrankung und hohen Spiegeln an C-reaktivem Protein.

FAZIT: Bei Schwangeren mit mäßiger bis schwergradiger Parodontalerkrankung besteht ein signifikant erhöhtes Risiko, ein SGA-Kind zu gebären.

Boggess KA, Beck JD, Murtha AP, et al. 2006. Maternal periodontal disease in eraly pregnancy and risk for a small-for-gestational-age infant. Am J Obstet Gynecol 194:1316-1322.

Hintergrund
Review: Wirken sich Parodontalerkrankungen Schwangerer negativ auf die Entwicklung des Kindes aus?


In den letzten Jahren hat sich die Forschung intensiv mit Zusammenhängen zwischen Parodontalerkrankungen und erhöhten Risiken für Atherosklerose, Herzinfarkt, Apoplex, Diabetes mellitus und das Ergebnis von Schwangerschaften befasst. Inwieweit sich letzteres anhand von Studienergebnissen verifizieren lässt, behandelt ein Review, in dem 25 Studien mit unterschiedlichen Designs und Endpunkten berücksichtigt wurden.

Von den 25 analysierten Studien kamen 18 Untersuchungen zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen und einem erhöhten Risiko für ein nicht optimales Schwangerschaftsergebnis besteht. Als Kriterien zur Beurteilung des Schwangerschaftsergebnisses galten in den einzelnen Arbeiten geringes Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit, Fehlgeburten, Schwangerschaftsverlust und Präeklampsie.

Das Risiko, ein Kind mit geringem Geburtsgewicht bereits vor dem errechneten Termin zur Welt zu bringen, ist bei Frauen mit Parodontalerkrankung erhöht. Das ist das Ergebnis von zwei Fallkontroll- und einer Kohortenstudie (ORs: 3,5 bis 7,5). Zwei andere Studien fanden das nicht, und eine davon – in Großbritannien durchgeführt – ermittelte sogar genau das Gegenteil (OR: 0,78).

Eine Erhöhung des Risikos für Frühgeburten bei Frauen mit Parodontalerkrankungen wurde in sieben Studien berichtet. Vier Studien fanden das nicht.

Geringes Geburtsgewicht steht nach den Ergebnissen von vier Fallkontroll- und zwei Kohortenstudien im Zusammenhang mit Parodontalerkrankungen. Die berichteten Odds Ratios (ORs) reichen von 1,1 bis 7,2. Allerdings werden diese Ergebnisse in einer großen britischen Studie mit 3 738 Schwangerschaften nicht bestätigt.

In letzterer britischer Studie wurde aber eine Verbindung von Parodontalerkrankungen und Fehlgeburten zwischen der 12. und 24. Schwangerschaftswoche registriert (OR: 2,53).

In jeweils einer Fallkontroll- und Kohortenstudie wurde ein Zusammenhang zwischen Präeklampsie und einer zum Geburtstermin diagnostizierten Parodontalerkrankung registriert (ORs: 2,4 bzw. 3,47).

Review: Xiong X, Buekens P, Fraser WD, et al. 2006. Periodontal disease and adverse pregnancy out­comes: a systematic review. BJOG 113:135-143.
Letter: Nugent JL, Baker PN. 2006. Periodontal disease and adverse pregnancy outcomes: a syste­matic review. BJOG 113:848-849.

 

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