Die Einhaltung eines sauren Scheidenmilieus zwischen pH 4,5 und 6,0 ist bedeutsam für die reproduktive
Gesundheit der Frau. Bei Abweichungen hiervon verändert sich der Zervikalschleim, so dass die Motilität von
Spermien herabgesetzt ist. Ferner kommt es zu Dyspareunie, die Infektionsabwehr ist geschwächt und vermutlich
werden auch tumorigene Prozesse in der Zervix begünstigt. Nach gängiger Auffassung wird die
Wasserstoffionen-Konzentration in der Scheide durch die Laktobazillen der Döderlein-Flora reguliert.
Aktuelle Untersuchungen führen indes zum Schluss, dass die Azidifizierung des Scheidenmilieus im Wesentlichen
auf einer Östrogen-abhängigen Sekretion von Protonen durch die vaginalen Epithelzellen beruht (Gorodeski GI, et al., 2005):
In der apikalen Plasmamembran der ektozervikalen Epithelzellen befinden
sich Protonenpumpen
Die Zellen des unverhornenden Plattenepithels sind lateral bis in die oberste Schicht durch Tight junctions
(Zonulae occludentes) fest miteinander verbunden. Hierdurch wird einerseits eine Permeabilitätsbarriere aufgebaut,
die das vaginale Volumen gegenüber dem vaginalen Gewebe abdichtet, und andererseits wird die Plasmamembran der
Epithelzellen in eine apikale (luminale) und eine basale (abluminale) Domäne untergliedert. Beide
Plasmamembran-Domänen enthalten spezifische funktionelle Proteine, die nicht über die Tight junctions hinweg
in die jeweils andere Domäne gelangen können.
In der apikalen Plasmamembran der ektozervikalen Epithelzellen befinden sich Protonenpumpen, deren Aktivität sich
durch Bafilomycin-A1 hemmen lässt. Das deutet darauf hin, dass es sich um eine H+-ATPase vom vakuolären Typ handelt.
Ektozervikale Epithelzellen in Kokultur mit zervikalen Fibroblasten sezernieren
in vitro in erheblichem Maße Protonen an ihrer apikalen Oberfläche
Auf einem Filter lassen sich ektozervikale Zellen als Monolayer kultivieren. Mit der geeigneten Technik können
wie bei einem Epithel die luminale und die abluminale Gewebeseite gegeneinander abgegrenzt und gesondert untersucht
werden. Hierbei kommt es im luminalen Milieu der Zellkultur zum Abfall des pH von 7,4 auf ca. 7,0, während sich auf
der Gewebeseite ein pH von ca. 7,3 einstellt.
Die Azidifizierung des luminalen Milieus ist erheblich stärker, wenn ektozervikale Epithelzellen mit zervikalen
Fibroblasten kokultiviert werden (Abb.).
Über die Art und Weise auf die Fibroblasten mit Epithelzellen zu interagieren, um den Azidifierungsprozess
zu fördern, kann nur spekuliert werden. Vermutet wird eine Beeinflussung der Dichtigkeit von Tight junctions,
wodurch parazelluläre Protonenverluste reduziert werden.
Durch Östrogen-Einflüsse wird die basale Protonensekretion der ektozervikalen
Epithelzellen gesteigert
Auch bei Östrogen-deprivierten postmenopausalen Frauen liegt der Vaginal-pH mit 6,5–7,0 unterhalb des Blut-pH
mit 7,2–7,4. Das lässt darauf schließen, dass die Protonenpumpen in der apikalen Plasmamembran von ektozervikalen
Epithelzellen unabhängig vom Östrogen-Status auf basalem Niveau unablässig Protonen in die Scheidenflüssigkeit pumpen.
Unter einer Östrogen-Substitutionstherapie kann das Scheidenmilieu auf pH 5,5 sinken. In Kultur wird der aktive
Protonentransport durch Zugabe von Estradiol dosisabhängig erhöht. Dieser Effekt stellt sich auch mit Stilbestrol
und teilweise mit Estron wie auch Tamoxifen ein
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Veränderung des pH auf der luminalen und abluminalen Seite von als Monolayer kultivierten menschlichen zervikalen
Vaginalepithelzellen und solcher Zellen in Kokultur mit zervikalen Fibroblasten (nach Gorodeski GI, et al., 2005).
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Gorodeski GI, Hopfer U, Liu CC, Margles E. 2005.
Estrogen acidifies vaginal pH by up-regulation of proton secretion via the apical membrane of vaginal-ectocervical
epithelial cells. Endocrinology 146:816-824.
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