Zusammenhang zwischen Knochenmineraldichte und arterieller Elastizität


Epidemiologische Befunde weisen auf eine Verbindung zwischen Osteoporose und dem Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis hin. In einer aktuellen Arbeit wird berichtet, dass bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose eine erhöhte Rigidität der Arterien festgestellt wurde [1]. Der postmenopausal verstärkt eintretende Verlust an arterieller Elastizität lässt auf einen zumindest teilweise Estrogenmangel-verursachten Effekt schließen. Die Frage, inwieweit eine Hormonsubstitutionstherapie (HRT) zum Erhalt bzw. zur Besserung der arteriellen Elastizität bei postmenopausalen Frauen beiträgt, läßt sich nicht abschließend beantworten.

Aus der Pulswellengeschwindigkeit lässt sich auf die Steifheit von Arterien und daraus auf das kardiovaskuläre Risiko schließen
Die Pulswellengeschwindigkeit (PWV = pulse wave velocity) in der Aorta ist umso höher, je weniger elastisch das Gefäß ist. Dieser Maßstab der zentralarteriellen Rigidität korreliert mit den Risiken für Apoplex und koronare Herzkrankheiten, sowie mit der kardiovaskulären Mortalität [2].

Einfacher als die Messung der PWV lässt sich die Arm-Fußknöchel-Pulswellengeschwindigkeit (baPWV = brachial-ankle pulse wave velocity) automatisiert durchführen. Ihre Ergebnisse lassen qualitativ ähnliche Rückschlüsse auf die Rigidität zentraler Arterien zu wie die der PWV [3].

Verbindung zwischen Osteoporose und kardiovaskulären Krankheiten [4-6]
Für postmenopausale Frauen mit Osteoporose ist das Risiko, ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, signifikant erhöht. Dieses Risiko ist umso größer, je schwerer ausgeprägt die Osteoporose ist [4].

Tanko et al. [5] fanden bei postmenopausalen Frauen (60 bis 85 Jahre) mit einer niedrigen Knochenmineraldichte im Oberschenkelhals auch eine fortgeschrittene Kalzifizierung der abdominalen Aorta. Die Autoren vermuteten, dass eine Osteoporose im Hüftbereich und periphere Gefäßerkrankungen gemeinsame Pathomechanismen und gleiche Risikofaktoren haben.

Bagger et al [6] haben Hinweise darauf, dass Dyslipidämien den Knochenstoffwechsel lokal beeinträchtigen können. Davon sind insbesondere Skeletteile betroffen, die durch so genannte Endarterien versorgt werden. Diese Versorgung ist gestört, wenn die Arterien aufgrund der Fettstoffwechselstörung atherosklerotische Veränderungen aufweisen.

In der Postmenopause beschleunigt sich die altersabhängige Zunahme der arteriellen Rigidität [7, 8]
Zaydun et al. [7] ermittelten bei 3.149 Frauen im Alter von 21 bis 94 Jahren die baPWNV. Hierbei ergab sich eine altersabhängige Zunahme der baPWV. Anhand einer logistischen Regressionsanalyse mit den Daten der Frauen im Alter zwischen 45 und 56 Jahren wurde eine beschleunigte Zunahme der baPWV in der frühen postmenopausalen Lebensphase festgestellt. Die Autoren folgerten, dass die vermehrte Zunahme der arteriellen Rigidität unmittelbar nach der Menopause zumindest teilweise auf den Estrogenmangel zurückzuführen sei.

Nach Daten von Takahashi et al.  [8] nimmt die baPWV in der Postmenopause ebenfalls beschleunigt zu. Der maximale Anstieg begann allerdings erst etwa 10 Jahre nach Eintreten der Menopause.

Wirkt sich der Ausgleich eines Estrogenmangels auf die Elastizität der Arterien aus?
Epidemiologische Daten legen nahe, dass Estrogenmangel ein Risikofaktor sowohl für Osteoporose als auch für KHK ist.

In verschiedenen Studien wurde ein günstiger Einfluss einer HRT auf steife Arterien registriert [9-13]:
Miura et al. [b] fanden bei 56 normotensiven, postmenopausalen Frauen sowohl unter einer Therapie mit Estradiol allein als auch mit Estradiol in Kombination mit einem Gestagen eine Abnahme der Pulswellengeschwindigkeit.

Gemäß Sumino et al. [10] kann die Therapie mit transdermalem Estradiol antiatherosklerotische Wirkungen haben, indem sich die arterielle Rigidität bessert. Hingegen war kein entsprechender Effekt mit konjugierten equinen Estrogenen feststellbar.

Tsioufis et al. [11] ermittelten, dass auch hypertensive postmenopausale Frauen ohne nächtlichen Blutdruckabfall (non-dipping) von den günstigen Wirkungen einer Estrogen-Substitutionstherapie auf die Elastizität der großen Arterien profitieren können.

Keinen Einfluss einer HRT auf die Rigidität fanden folgende Studien [14, 15]:
Teede et al.  [14] fanden im Rahmen einer zweijährigen Behandlung von 34 gesunden postmenopausalen Frauen mit täglich 50 µg transdermalem Estradiol gegenüber Plazebo keine Veränderung der arteriellen Elastizität.

Keine Besserung der vaskulären Rigidität weisen die Ergebnisse der Estrogen/Progestin Replacement Study (HERS) auf [15].

Die teilweise widerspruchlichen Ergebnisse einer Estrogen-Substitutionstherapie auf die Compliance der Gefäße lässt vermuten, dass positive Effekte nur bei einer Untergruppe postmenopausaler Frauen zu erwarten sind.


Literatur:
[1] Sumino H, Ichikawa S, Kasama S, et al. 2006. Elevated arterial stiffness in postmenopausal women with osteoporosis. Maturitas 55:212-218.
[2] Sutton-Tyrrell K, Najjar SS, Boudreau RM, et al. 2005. Elevated aortic pulse wave velocity, a marker of arterial stiffness, predicts cardiovascular events in well-functioning older adults. Circulation 111:3384-3390.
[3] Sugawara J, Hayashi K, Yokoi T, et al. 2005. Brachial-ankle pulse wave velocity: an index of central arterial stiffness? J Hum Hypertens 19:401-406.
[4] Tanko LB, Christiansen C, Cox DA, et al. 2005. Relationship between osteoporosis and cardiovascular disease in postmenopausal women. J Bone Miner Res 20:1912-1920.
[5] Tanko LB, Bagger YZ, Christiansen C. 2003. Low bone mineral density in the hip as a marker of advanced atherosclerosis in elderly women. Calcif Tissue Res 73:15-20.
[6] Bagger YZ, Rasmussen HB, Alexandersen P, et al. 2006. Links between cardiovascular disease and osteoporosis in postmenopausal women: serum lipids or atherosklerosis per se? Osteoporos Int Nov 16 [Epub ahead of print].
[7] Zaydun G, Tomivama H, Hashimoto H, et al. 2006. Menopause is an indipendent factor augmenting the age-related increase in arterial stiffness in the early postmenopausal phase. Atherosclerosis 184:137-142.
[8] Takahashi K, Miura S, Mori-Abe A, et al. 2005. Impact of menopause on the augmentation of arterial stiffness with aging. Gynecol Obstet Invest 60:162-166.
[9] Miura S, Tanaka F, Mori A, et al. 2003. Hormone replacement therapy improves arterial stiffness in normotensive postmenopausal women. Maturitas 45:293-298.
[10] Sumino H, Ichikawa S, Kasama S, et al. 2006. Different effects of oral conjugated estrogen and transdermal estradiol on arterial stiffness and vascular inflammatory markers in postmenopausal women. Atherosclerosis 189:436-442. Atherosclerosis 184:136-142.
[11] Tsioufis C, Tzioumis K, Dimitriadis K, et al. 2005. Nondipping status does not attenuate the conjugated estrogen-induced improvement in aortic stiffness in postmenopausal women with untrated hypertension. Am J Hypertens 18:607-611.
[12] Kawecka-Jaszcz K, Czarnecka D, Olszanecka A, et al. 2002. The effect of hormone replacement therapy on arterial blood pressure and vascular compliance in postmenopausal women with arterial hypertension. J Hum Hypertens 16:509-516.
[13] Arruda CG, Aldrighi JM, Bortolotto LA. 2006. Effects of estradiol alone and combined with norethisterone acetate on pulsewave velocity in hypertensive postmenopausal women. Gynecol Endocrinol 22:557-563.
[14] Teede HJ, Liang YL, Kotsopoulos D, et al. 2001. A placebo-controlled trial of long-term oral combined continuous hormone replacement therapy in postmenopausal women: effects on arterial compliance and endothelial function. Clin Endocrinol 55:673-682.
[15] Ventura HO, Mehra MR. 2005. The interaction of vascular stiffness ans cardiovascular events in women. Insight from the Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study. Chest 127:1477-1480.

Januar 2007 Drucken jfs