Anhand einer retrospektiven Auswertung von Schlaflabordaten sollte untersucht werden, ob sich Berichte
über den Zusammenhang zwischen Nykturie und obstruktiver Schlafapnoe bestätigen lassen. Ferner wurde ermittelt,
inwieweit sich eine positive Überdruckbeatmung auf die Nykt-urie-Frequenz auswirkt (FitzGerald MP, et al., 2006):
Nykturie wird vielfach als lästigste der verschiedenen Harnbeschwerden beschrieben. In der Altersgruppe
der 19- bis 39-jährigen Frauen beträgt die Prävalenz etwa 9 %. Bei den über 80-jährigen Frauen ist dann
jede zweite betroffen. Neben einem gestörten Schlaf bergen nächtliche Toilettengänge insbesondere bei
älteren Menschen ein erheblich erhöhtes Sturzrisiko.
Obstruktive Schlafapnoe ist kein unabhängiger Prädiktor für Nykturie
Als Prädiktoren von Nykturie erwiesen sich insbesondere fortgeschrittenes Alter und ein Diabetes mellitus.
Hingegen trat Nykturie bei Patienten mit und ohne ob-struktiver Schlafapnoe etwa gleich häufig auf. Lagen
bei Patienten jedoch beide Symptomatiken vor, war die Nykturie-Frequenz vom Alter, vom Vorliegen eines Diabetes
mellitus und dem Schweregrad der obstruktiven Schlafapnoe abhängig.
Überdruckbeatmung bei obstruktiver Schlafapnoe-assoziierter Nykturie
Durch eine Behandlung mit kontinuierlicher positiver Druckbeatmung verringerte sich die Nykturie-Frequenz
im untersuchten Kollektiv erheblich. Die durchschnittliche Zahl der nächtlichen Toilettengänge reduzierte
sich auf Null. In 60 % der Fälle war unter der Behandlung überhaupt keine Nykturie mehr vorhanden.
FAZIT:Patientinnen mit Nykturie und obstruktiver Schlafapnoe mussten unter
einer Überdruck-Beatmungstherapie nachts signifikant seltener die Toilette aufsuchen als ohne Behandlung.
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Auch wenn die aktuellen Daten keine prädiktive Rolle der obstruktiven Schlafapnoe für Nykturie erkennen
lassen, kann ein Zusammenhang zwischen beiden Symptomatiken nicht ausgeschlossen werden. Offenbar ist eine
obstruktive Schlafapnoe lediglich einer von einer Reihe von Faktoren, die für Nykturie prädestinieren
FitzGerald MP, Mulligan M, Parthasarathy S. 2006.
Nocturic frequency is related to severity of obstructive sleep apnea, improves with continuous positive airways treatment.
Am J Obstet Gynecol 194:1399-1403.
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Eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) manifestiert sich durch Schnarchen, das in Abständen immer wieder durch
Atempausen unterbrochen wird. Während der Phasen des Atemstillstandes sind die oberen Luftwege teilweise oder
völlig verschlossen, so dass den Bemühungen, Luft zu holen, ein erheblicher Widerstand entgegensteht.
Die oftmals bei Patienten mit OSA zugleich auftretende Nykturie steht im Zusammenhang mit einer vermehrten
Ausscheidung von Wasser und Natriumchlorid während des Schlafens. Neuere Untersuchungen haben ferner ergeben,
dass bei Patienten mit OSA nicht allein eine vermehrte Urinproduktion in der Nacht auftritt, sondern die
Homöostase des Wasserhaushalts insgesamt gestört ist. Das deckt sich mit Berichten, wonach Ödeme in den Beinen
als Marker für OSA dienen können.
Über eine Besserung der Harnbeschwerden bei OSA-Patienten unter einer kontinuierlichen positiven Überdruckbeatmung
ist wiederholt berichtet worden. Der Zusammenhang zwischen OSA und Nykturie wird in einer Beeinflussung der
endokrinen Herzfunktion während der Apnoephasen gesehen. Durch die hierbei aufgebrachte respiratorische Anstrengung
kommt es zu intrathorakalen negativen Druckschwankungen. Dieser führt zu einer Dehnung der myokardialen Wand, die
das Herz als vermehrte Volumenbelastung „fehlinterpretiert“. In den Vorhöfen bewirkt dieser Stimulus in Verbindung
mit der Hypoxie eine vermehrte Bildung von atrialem natriuretischem Peptid (ANP). Erhöhte Spiegel an ANP im Serum
bzw. Urin sind bei Patienten mit OSA in der Mehrheit einschlägiger Untersuchungen nachgewiesen worden. Darüber, ob
in den Vorhöfen und Ventrikeln auch B-Typ-natriuretisches Hormon (BNP; brain-derived natriuretic peptide) während
apnoeischer Phasen gebildet wird, liegen diskrepante Ergebnisse vor.
Die Beeinflussung des Blutdrucks und die Flüssigkeitsregulierung durch ANP und BNP kommt über die Erhöhung der
glomerulären Filtrationsrate, die Hemmung der Natriumresorption in den Nieren und die Reduktion der Renin- und
Aldosteronsekretion zustande.
Krieger J, Imbs JL, Schmidt M, Kurtz D. 1988.
Renal function in patients with obstructive sleep apnoea-effects of nasal continuous positive airways pressure.
Arch Intern Med 148:1337-1340.
Margel D, Shochat T, Getzler O, et al. 2006.
Continuous positive airway pressure reduces nocturia in patients with obstructive sleep apnea.
Urology 67:974-977.
Kita H, Ohi M, Chin K, et al. 1998.
The nocturnal secretion of cardiac natriuretic peptides during obstructive sleep apnoea and its response to
therapy with nasal continuous airway pressure. J Sleep Res 7:199-207.
Umlauf MG, Chasens ER, Greevy RA. 2004.
Obstructive sleep apnea, nocturia and polyuria in older adults. Sleep 27:139-144.
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