PPARg ist zur Differenzierung von Fettzellen essentiell


Wenn sich Fettzellen (Adipozyten) aus den entsprechenden Vorläuferzellen (Präadipozyten bzw. Adipoblasten) bilden, muß dieser Reifungsprozeß von außen angestoßen werden. Insbesondere der Zellkern-ständige Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptor g (gamma) spielt bei der Ausdifferenzierung von Adipozyten eine zentrale Rolle und bewirkt zugleich, daß verschiedene Adipozyten-spezifische Gene exprimiert werden.

Abb. 1: Adipogenese (vereinfachtes Schema): PPARg ist essentiell für die Initiierung des Differenzierungsprozesses von Adipozyten. Die Ausprägung des reifen Insulin-sensitiven Phänotyps von Fettzellen wird gemeinsam durch die Transkriptionsfaktoren PPARg und C/EBPa induziert (mod. nach B. Lowell 1999 Cell 99:339-342).


Was sind die Liganden von PPARg?

Nach einem physiologisch relevantem Liganden, der mit hoher Affinität an PPARg bindet, wird immer noch gefahndet. Zwar sind einige natürlicherweise vorkommende Aktivatoren von PPARg gefunden worden, doch solche Fettsäure-Derivate wie 15-Deoxyprostaglandin J2, 9-Hydroxyoktadekadien-Säure (9-HODE), 13-HODE und Linolensäure sind erst in relativ hoher Konzentration wirksam.

Die bekanntesten synthetischen Verbindungen, die als Liganden von PPARg fungieren, sind verschiedene Thiazolidindione (TZD). Diese oralen Antidiabetika wirken über PPARg einer Insulin-Resistenz entgegen.

PPARg: Essentieller Faktor bei der Adipogenese
Fettzellen können sich ein Leben lang aus fibroblastartigen Vorläuferzellen (Adipoblasten) des Fettgewebes neu bilden. Nach Stimulierung durch Wachstumsfaktoren proliferieren Adipoblasten und differenzieren sich bei Einwirkung verschiedener Faktoren — von denen PPARg essentiell ist — zu reifen Insulin-sensitiven Adipozyten aus.

PPARgamma ist zwar ein essentieller aber nicht der einzige Transkriptionsfaktor, über dessen Aktivität das Heranreifen neuer Fettzellen gesteuert wird. Zur vollen Ausdifferenzierung von Adipozyten tragen noch zwei weitere Transkriptionsfaktoren bei. Deren Bezeichnungen sind ähnlich verwirrend wie die von PPARg: Ihre kompliziert anmutenden Kürzel lauten ADD-1/SREBP-1 und C/EBP. Diese Transkriptionsfaktoren bewirken unter anderem, daß Adipozyten spezifische Proteine herstellen, die sich bei Präadipozyten noch nicht nachweisen lassen, d.h. sie prägen den Phänotyp der ausgereiften Fettzellen. Darüber hinaus beeinflussen sich die fettgeweblichen Transkriptionsfaktoren auch gegenseitig. Wird z.B. ADD-1/SREBP-1 aktiviert, führt das zu vermehrter Bildung von PPARg. Und damit letzterer voll wirksam werden kann, wird über Umwege auch gleich die Bildung von PPARg-Liganden mit angeregt (2).

Welche Rolle spielt PPARg in ausgereiften Adipozyten?
Anhand von Tiermodellen konnte nachgewiesen werden, daß die Menge an PPARg in den Adipozyten bei fettreicher Ernährung einen entscheidenden Faktor für hypertrophes Zellwachstum und die Entwicklung von Insulinresistenz darstellt. In diesbezüglichen Experimenten wurden Mäuse mit nur einem intakten Allel des PPARg-Gens untersucht. Solche PPARg-heterozygoten Individuen produzieren signifikant weniger PPARg-Moleküle als Wildtyp-Mäuse, bei denen beide entsprechenden Allele intakt sind.

 
Abb. 2: PPARg fungiert als Vermittler von Adipozyten-Hypertrophie und Insulin-Resistenz: Sind beide Kopien des PPARg intakt (PPARg +/+), ist die Bildung riesiger, stark die Insulin-Resistenz fördernder Adipozyten begünstigt. Bei Heterozygoten ist ein Allel defekt (PPARg +/-), so daß geringere Mengen an PPARg-Protein exprimiert wird. Das schützt bis zu einem gewissen Grad vor Adipositas und Insulin-Resistenz. Die Wirkung sehr starker Liganden von PPARg (Thiazolidindione TZD) führt zur Bildung zahlreicher kleiner, Insulin-sensitiber Adipozyten (nach Kubota et al, 1999).

Bei normaler Verköstigung erleiden die Gen-defekten Mäuse keine gesundheitlichen Schäden, und erstaunlicherweise kann ihnen auch eine fettreiche Ernährung nicht viel anhaben: Die Adipozyten bleiben relativ klein, und die Insulin-Resistenz ist nur geringgradig ausgeprägt. Hingegen wachsen die Adipozyten bei Wildtyp-Mäusen unter den gleichen Ernährungsbedingungen zu Riesenzellen heran und lösen über Faktoren wie den (TNF-a) und freie Fettsäuren eine gravierende Insulin-Resistenz aus (4).

Wenn Nahrung intermittierend knapp ist, sorgt PPARg offenbar dafür, daß ein Teil der in guten Zeiten verfügbaren Energie zur Überbrückung von Mangelzuständen aufgespart wird. In dieser Beziehung unterscheiden sich Menschen kaum von Mäusen. Denn nur durch eine Strategie der Vorratshaltung ist ein Überleben von Hungerperioden überhaupt möglich. Doch in Zeiten anhaltenden Nahrungsüberangebots kehrt sich dieser haushälterische Umgang mit Energieträgern ins Gegenteil, und Adipositas wird zur »Volksseuche«.

Waren über Äonen evolutionärer Entwicklung zwei intakte Allele des PPARg-Gens den begrenzten alimentären Ressourcen ideal angepaßt, wären wir heute offenbar besser dran, könnten wir — wie bei Labormäusen — eines davon ausschalten. Aber auch wenn das Utopie ist, ergeben sich aus dieser Erkenntnis Ansätze für die Entwicklung pharmazeutischer Präparate wie beispielsweise von PPARg-Antagonisten.

Besserung einer Insulin-Resistenz über PPARg
Zu den therapeutisch als Anti-Diabetika genutzten Liganden von PPARg gehören verschiedene Thiazolidindione (TZD), die einer Insulinresistenz entgegenwirken. Das mag im Lichte der vorangegangenen Schilderung, wonach fettreiche Ernährung besser vertragen wird, wenn die PPARg-Aktivität gedrosselt ist, als Paradox erscheinen. Es stellte sich jedoch heraus, daß über starke Liganden wie TZD insbesondere die Anzahl kleiner, Insulin-sensitiven Adipozyten signifikant vermehrt und zugleich die Anzahl der großen Adipozyten, die TNF-a produzieren und Insulinresistenz fördern, vermindert wird.


1. Kubota N, Terauchi Y, Miki H, et al.1999. PPARg mediates high-fat diet-induced adipocyte hypertrophy and insulin resistance. Mol Cell 4:597-609.
2. Kim JB, Wright HM, Wright M, Spiegelman BM. 1998. ADD1/SREBP1 activates PPARg through the production of endogenous ligand. Proc Natl Acad Sci USA 95:4333-4337.
3. Brun RP, Spiegelman BM. 1997. PPARg and the molecular control of adipogenesis. J Endocrinol 155:217-218.
4. Rosen ED, Sarraf P, Troy AE, et al. 1999. PPARg is required for the differentiation of adipose tissue in vivo and in vitro. Mol Cell 4:611-617.
5. Okuno A, Tamemoto H, Tobe K, et al. 1998. Triglitazone increases the number of small adipocytes without the change of white adipose tissue mass in obese Zucker rats. J Clin Invest 101:1354-1361.
6. Deeb SS; Fajas L; Nemoto M, et al. 1998. A Pro12Ala substitution in PPARg2 associated with decreased receptor activity, lower body mass index and improved insulin sensitivity. Nat Genet 20:284-287.

Reviews
1. Desvergne B, Michalik L, Wahli W. 2004. Be fit or sick: peroxisome proliferator-activated receptors are down the road. Mol Endocrinol 18:1321-1332.
2. Ferré P. 2004. The biology of peroxisome proliferator-activated receptors. Diabetes 53(suppl. 1):S43-S50.
3. Auwerx J. 1999. PPARg, the ultimate thrifty gene. Diabetologia 42:1033-1049.
4. Lowell BB. 1999. PPARg: An essential regulator of adipogenesis and modulator of fat cell function. Cell 99:239-242.
5. Brun RP, Kim JB, Hu E, Spiegelman BM. 1997. Peroxisome proliferator-activated receptor gamma and the control of adipogenesis. Curr Opin Lipidol 8:212-218.

 

Oktober 2004

Drucken Autor: JF Schindler